SKS 2023 Ijsselmeer

Impressionen vom SKS Ausbildungstörn im Frühjahr 2023
Ein toller Törnbericht und viele Bilder
Die HSCF praktische SKS Ausbildung auf dem Ijsselmmeer, Markermeer, Nordsee und Wattenmeer

 

Treffpunkt HBF Freiburg nach Mitternacht. Wir entern den Nachtzug Rtg.Amsterdam und trinken schon am nächsten Mittag in der Charterbasis in Lemmer unseren Kaffee. Draußen leichter Nieselregen, aber die Aussichten sind gut, das Boot bereits klar für uns.

Während die einen zum Einkaufen ausschwärmen, machen die anderen Bestandsaufnahme. Die „Orange Fun“, eine Bavaria 37 cruiser, ist bereits gut gebraucht mit vielen Schrammen und Dellen, ein perfektes Ausbildungsschiff. Die gröberen Mängel, wie lose Verschraubungen oder defekte Beleuchtung, fließen bereits in die Mängelliste ein, fehlende Ausrüstung wird nachgefordert. Wir entdecken Unmengen von Signalmitteln und noch mehr Feuerlöscher fragwürdigen Zustands. Wenn nur die Hälfte davon funktioniert, sind wir bestens gerüstet…

Anschließend das erste Abendessen an Bord und soviel vorweggenommen: Wir kochten stets selbst an Bord und haben uns dabei immer wieder übertroffen, was dem Appetit und der allgemeinen Stimmung sehr zuträglich war. So blieb es bis zum letzten Tag, ein Restaurantbesuch hätte nur in einer Enttäuschung enden können.

Creme Brulee überm Gasherd flambiert

Der nächste Morgen. Nachdem der Coskipper in den Mast geklettert ist, um das defekte Dampferlicht zu reparieren, geht es los. Nach ersten An- und Ablegemanövern an einem freien Steg, laufen wir aus mit Kurs Amsterdam, wo wir gegen Abend ankommen. Der erste Anlegeversuch am Rande eines Kanals scheitert an den großen Bäumen, die sich in unserem Mast verfangen wollen..Bei dieser Gelegenheit zeigt sich auch, wie verhängnisvoll es sein kann, wenn man einem freundlichen Menschen am Ufer bereits die Leine zugeworfen hat, während der Skipper mit dem Boot schon wieder rückwärts geht. Wieder was gelernt, niemals nicht die Leinen aus der Hand geben…

Mittlerweile ist es dunkel und auch an Bord werden die Lichter bald ausgehen, denn unsere Batterien halten nicht, was sie versprechen. Die Mängelliste wird ergänzt…

Wir finden einen Platz (mit Strom) in der Marina und fallen nach einem langen Tag gegen 01:30 Uhr in die Kojen.

Am Folgetag folgt nach einigen Hafenmanövern die Kanalfahr nach Ijmuiden, wir erreichen Salzwasser. Hier erhalten wir am nächsten Morgen auch eine weitere Batterie durch unseren Vercharterer. Daß wir die erste Batterie als Ersatz weiter an Bord lassen, sollte sich in den folgenden Tagen als sehr hilfreich erweisen…

Der weiteren Fahrt durch Nordsee, über Texel und durch die Waddenzee zurück ins Ijsselmeer steht nun nichts mehr im Wege. Die kommenden Tage beginnen üblicherweise mit Hafenmanövertraining bis uns der jeweilige Hafenmeister rausschmeisst, dann Auslaufen, Segelsetzen, Strecke machen und immer wieder und unnachgiebig Manövertraining.

Wir lernen stetig dazu und schaffen es trotz unserer Unzulänglichkeiten nicht, die gute Laune unseres Skippers (von gelegentlich verzweifelten Flüchen abgesehen) restlos zu verderben, solange nur genügend Schokolade und süße Stückle an Bord sind…

Von den bemerkenswerteren Ereignissen, die sich von unseren üblichen Ausbildungstagen etwas abheben, seien hier nur folgende genannt:

Die Nachtfahrt, der Wassereinbruch, Mann über Bord, die Abendessen.

Die Nachtfahrt

Auslaufen aus Medenblik, Espressostop in Enkhuizen, Manöverübungen und Beiliegen zum Abendessen. Dann fahren wir in die Nacht. Die Wachen sind eingeteilt. Mit etwa halbem Wind werden wir das Ijsselmeer rauf- und runterfahren.

00:00 Uhr   Meine Wache beginnt, zusammen mit Coskipper Michael übernehmen wir das Ruder, Kurs Nord. Der mäßige Wind frischt langsam weiter auf. Es ist sehr dunkel, doch die Lichter der Windräder und auf dem Damm bieten ein gute Orientierung beim Steuern (Die defekte Kompassbeleuchtung wird in der Mängelliste ergänzt…) Abgelenkt wird man nur von den Lichtern der auf dem Damm fahrenden Autos, die einen immer wieder beim Kurshalten narren. Den Damm selbst sehen wir bei dieser Dunkelheit nicht. Leichter Regen setzt ein. Da kommt das Feuer der gelben Tonne unmittelbar vor dem Damm in Sicht, unsere Wendetonne. Wie wunderbar, diesen fixen, beleuchteten Punkt als Orientierung in der dunklen, verregneten Nacht zu erblicken. Langsam wird das Licht stärker und spiegelt sich schon auf dem Wasser vor uns. Wir passieren die Tonne nahebei, luven weiter an und wenden. Wohl zu früh! Die Tonne steht wieder nahezu voraus, hinter unserer Genua. Ich lege hart Ruder, möchte mehr anluven, aber das Boot dreht nicht, die Peilung steht! Was ist nur los? Eine unwirkliche Situation in der Nacht und so nahe vor der großen Tonne. „Ich falle ab und gehe in Lee vorbei“ rufe ich Michael zu und wir passieren die Tonne auf der sicheren Seite. Uff…

Auf dem weiteren Kurs haben wir keine Feuer mehr voraus, keine Orientierung in der Kimm beim Steuern. Die wenigen sich auftuenden Wolkenlücken schließen sich meist schnell wieder. Michael stellt sich rückwärts ans Ruder, peilt die Lichter des Damms über das Achterstag und steuert so einen tadellosen Kurs!

Irgendwann reißt der Himmel etwas auf und bietet wieder Orientierung. Schon ist es 03:00 Uhr und die nächste Wache zieht auf. Ich falle in die Koje, finde aber erst spät Schlaf.

Früh morgens legt der Wind nochmal deutlich zu und die neue Wache lässt das Schiff ordentlich laufen. Junge Junge…Ich gebe es auf, mich auf der Matze festhalten zu wollen, rutsche anderhalb Meter quer über die freie Koje des Wachgängers bis ich mit der Schulter an der Kabinenwand anschlage und dort eine stabile Lage zum Schlafen finde. Bis zur nächsten Wende, als ich die anderthalb Meter wieder zurückrutsche…

Im Salon döst derweil der Skipper, den es auch nicht in der Koje gehalten hat, eingeklemmt in einer Ecke und hat mit einem halben Auge das Cockpit oben im Blick. Guter Mann.

Der Wassereinbruch

Abgesehen von der fragwürdigen Funktionstüchtigkeit der Lenzpumpe, entdecken wir plötzlich Wasser in der Bilge, achtern im Bereich des Motors. Bald ist der Schaden lokalisiert, der Anschluß des heißen Frischwasserschlauchs unmittelbar hinter dem Wärmetauscher ist defekt und muß ersetzt werden. Bis der Vercharterer in den nächsten Tagen das passende Fitting einbaut, werden wir noch öfters mühsam das Wasser aus der Bilge unter dem Motor und den achteren Kojen schöpfen…

Mann über Bord

Wir sind mal wieder bei den Hafenmanövern. Das An- und Ablegen hat sich mittlerweile schon recht gut eingespielt. Ein Mann vorn am Kugelfender, zwei an der Spring. Wir verlassen uns auf die Ansage der Entfernung vom Mann vorne, dann rum mit dem Ruder und den Hebel zurück. Blick dabei zur Seite auf den Steg, wir stehen. „Mann über Bord“ ruft plötzlich der Skipper und turnt schon über Deck. Wie? Was? Im Hafen hatten wir diese Übung noch nicht…Da hat tatsächlich einer den Kugelfender nicht loslassen wollen, der zwischen Boot und Kaimauer klemmte. Der Mann schwimmt nun im Wasser, vor sich die hohe Kaimauer und noch höhere Bordwände.

Der Coskipper vorn reagiert bestens, nimmt dem Mann die Brille ab, stellt eine Leinenverbindung her und führt ihn ans Heck, wo er leichter einsteigen kann. Zum Glück ist er nahezu unverletzt geblieben, nur die nassen Schuhen muss er in den kommenden Tagen ertragen. Er – und wir alle – kommen mit dem Schrecken davon und haben wieder einmal etwas gelernt.

Das Abendessen

Der einleitenden Frage des Skippers „Was kochen wir heute abend? Welche Vorräte müssen vertan werden?“ folgen meist die professionellen Überlegungen Thomas´, die immer öfter dazu führen, daß er es ist, der später in der Kombüse steht. Und begleitet von vorsichtigen Entschuldigungen („Daheim würde ich jetzt noch…Leider habe ich hier kein….Es war halt schwierig mit nur einem großen Topf und dem kleinen Ofen….Das Gas ist auch schon fast alle…“) setzte er uns stets herausragend leckere Gerichte vor, von denen wir stets auf Neue überzeugt waren, daß diese nicht mehr zu toppen sind. Schon gar nicht mit Bordmitteln. Und dazu stets ein Glas von dem guten Roten (eine erlesene Mischung europäischer Spitzenweine im praktischen Tetrapack…)

An dieser Stelle auch all unseren guten Smutjes nochmals ein herzliches Dankeschön!

Wir kommen zeitig wieder nach Lemmer zurück, um uns am Vortag zur Prüfung in Ruhe mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut zu machen. Suchen uns den Steg aus für die An- und Ablegemanöver, orientieren uns an Landmarken. Ein letztes Mal fahren wir die Manöver, die Anspannung macht sich bemerkbar.

Schon mittags machen wir wieder fest. Keine Experimente mehr…Der Skipper verordnet uns Landgang, er müsse mit dem Coskipper zusammen klarschiff machen und verschiedenes für die Prüfung vorbereiten. Der Gute! Sicherlich die richtige Maßnahme, um uns nicht verrückt werden zu lassen. Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang, rekapitulieren noch einmal die Choreographie der Manöver und versuchen dann, an anderes zu denken.

Der nächste Tag: Die Prüfer erscheinen pünktlich gegen 13 Uhr, es geht los. Still und angespannt legen wir ab, ein paar Fragen werden nebenher gestellt. Wir fahren der Reihe nach unsere Manöver, anschließend ein jeder das Ab- und Anlegen. Die Aufregung war spürbar, doch sind die Prüfer letztendlich sehr zufrieden mit dem, was wir gezeigt haben. Nach kurzem Verholen unter Deck erscheinen sie schon wieder, unsere Scheine bereits in der Hand.

Ein Extralob ging an unseren Ausbilder. Und dem können wir uns nur anschließen.

Danke Achim! Danke Michael! Danke „Orange Fun“!

Nach der erfolgreichen Prüfung fällt die ganze Anspannung von uns ab und wir merken – und nicht erst dann – wie uns die letzten Tage nervlich wie körperlich geschafft haben. Zum ersten Mal trennt sich die Crew von Skipper und Co, um sich in Lemmer mit Kibbeling, Pommes und Bier zu stärken. Achim und Michael hingegen fahren das Boot rüber zur nahen Charterbasis und legen es auf einem kurzen Schlag nochmal ordentlich auf die Seite.

Mit einem ganz besonderen Entrecote beschließen wir den Abend, die Ausbildung und diesen Törn. Es war eine herrliche Zeit!

Mai, 2023

Skipper: Achim Hombach             Co-Skipper: Michael …

Mit Felix, Mathias, Philipp und Thomas.

Lemmer – Amsterdam – Ijmuiden – Den Helder – Oudeschild – Makkum – Stavoren – Medenblik – Urk – Medenblik – Lemmer